Einsichtnahme in Krankenunterlagen

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Das Recht des Pati­en­ten, in seine Kran­ken­un­ter­la­gen Einsicht nehmen zu können, folgt bereits aus dem mit dem Arzt geschlos­se­nen Behand­lungs­ver­trag bzw. seine Gewähr­leis­tung stellt für den Arzt eine vertrag­li­che Neben­pflicht dar. Der Pati­ent hat dabei grund­sätz­lich das Recht – ohne beson­dere Angabe von Grün­den – voll­um­fas­send in die ihn betref­fen­den Pati­en­ten­un­ter­la­gen Einsicht zu nehmen (vgl. § 630g Abs. 1 BGB). Zugleich handelt es sich bei der Gewäh­rung der Einsicht in die Kran­ken­un­ter­la­gen auch um eine berufs­recht­li­che Pflicht des Arztes, welche in § 10 Abs. 2 BO abge­bil­det ist.

Einschrän­kun­gen bezüg­lich der Einsicht­nahme in die Kran­ken­un­ter­la­gen können sich erge­ben, wenn „der Einsicht­nahme […] erheb­li­che thera­peu­ti­sche Gründe oder sons­tige erheb­li­che Rechte Drit­ter entge­gen­ste­hen“ (vgl. § 630g Abs. 1 BGB bzw. § 10 Abs. 2 BO). Dies ist bei thera­peu­ti­schen Grün­den etwa dann der Fall, wenn die begrün­dete Gefahr besteht, dass durch die Einsicht­nahme eine Behand­lung in nicht nur gering­fü­gi­gem Ausmaß nach­tei­lig beein­flusst würde. Rechte Drit­ter können insbe­son­dere in Eltern-Kind-Situa­ti­o­nen eine Rolle spie­len bei der Abwä­gung der Pati­en­ten­in­ter­es­sen und den Inter­es­sen der Drit­ten an Geheim­hal­tung.

Anstelle (oder neben) einer Einsicht­nahme kann der Pati­ent auch die Über­las­sung von elek­tro­ni­schen Abschrif­ten (vgl. § 630g Abs. 2 BGB) bzw. die Über­las­sung von Kopien in Papier­form verlan­gen.

Bezüg­lich der in § 630g Abs. 2 BGB eben­falls getrof­fe­nen Bestim­mung zur Kosten­tra­gung dürfen wir auf die Arti­kel „Aus­kunfts­recht und Einsicht­nahme in Pati­en­ten­un­ter­la­gen“ bzw. „Betrof­fe­nen­rechte nach der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung“ sowie den 8. Tätig­keits­be­richt des Baye­ri­schen Landes­am­tes für Daten­schutz­auf­sicht verwei­sen.

Eine andere Person als der Pati­ent hat grund­sätz­lich nicht die Möglich­keit, in die Pati­en­ten­un­ter­la­gen Einblick zu nehmen bzw. Kopien zu verlan­gen, es sei denn, der Pati­ent hat dieser drit­ten Person hierzu ausdrü­ck­lich eine Voll­macht erteilt oder es wird bestimm­ten Perso­nen oder Einrich­tun­gen gesetz­lich ein Einsichts­recht einge­räumt.

So können etwa Erben nach dem Tod des Pati­en­ten – sofern sie vermö­gens­recht­li­che Inter­es­sen geltend machen möch­ten – das Einsicht­nah­me­recht geltend machen (§ 630g Abs. 3 Satz 1 BGB). Dane­ben können die nächs­ten Ange­hö­ri­gen (wie Ehegat­ten, Leben­s­part­ner, Kinder, Eltern, Geschwis­ter, Enkel) zur Verfol­gung imma­te­ri­el­ler Inter­es­sen (z. B. zur Klärung der Todes­ur­sa­che in einem straf­recht­li­chen Verfah­ren) Einsicht nehmen, § 630g Abs. 3 Satz 2 BGB.
Voraus­set­zung für diese vorge­nann­ten Rechte ist es jedoch, dass der Einsicht­nahme nicht der ausdrü­ck­li­che oder mutmaß­li­che Wille des verstor­be­nen Pati­en­ten entge­gen­steht, § 630g Abs. 3 BGB.

Auszug Berufsordnung für die Ärzte Bayerns - Bekanntmachung vom 09. Januar 2012 i. d. F. der Änderungsbeschlüsse vom 17. Oktober 2021 (Bayerisches Ärzteblatt 12/2021, Seite 608)

§ 10
Dokumentationspflicht

(1)
Der Arzt hat über die in Ausübung seines Beru­fes gemach­ten Fest­stel­lun­gen und getrof­fe­nen Maßnah­men die erfor­der­li­chen Aufzeich­nun­gen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächt­niss­tüt­zen für den Arzt, sie dienen auch dem Inter­esse des Pati­en­ten an einer ordnungs­ge­mä­ßen Doku­men­ta­tion.
(2)
Der Arzt hat dem Pati­en­ten auf sein Verlan­gen in die ihn betref­fende Doku­men­ta­tion Einsicht zu gewäh­ren, soweit der Einsicht­nahme nicht erheb­li­che thera­peu­ti­sche Gründe oder sons­tige erheb­li­che Rechte Drit­ter entge­gen­ste­hen. Auf Verlan­gen sind dem Pati­en­ten Kopien der Unter­la­gen heraus­zu­ge­ben. Für die Heraus­gabe sind die Kosten zu erstat­ten, soweit dies recht­lich vorge­se­hen ist. Ausnahms­weise darf der Arzt einzelne Aufzeich­nun­gen von der Einsicht­nahme und Heraus­gabe ausneh­men, wenn sein Inter­esse am Schutz seines Persön­lich­keits­rechts das Inter­esse des Pati­en­ten an der Einsicht­nahme oder Heraus­gabe über­wiegt.
(3)
Ärzt­li­che Aufzeich­nun­gen sind für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behand­lung aufzu­be­wah­ren, soweit nicht nach gesetz­li­chen Vorschrif­ten eine längere Aufbe­wah­rungs­pflicht besteht.
(4)
Nach Aufgabe der ärzt­li­chen Praxis hat der Arzt seine ärzt­li­chen Aufzeich­nun­gen und Unter­su­chungs­be­funde gemäß Absatz 3 aufzu­be­wah­ren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehö­rige Obhut gege­ben werden. Der Arzt, dem bei einer Praxis­auf­gabe oder Praxis­über­g­abe ärzt­li­che Aufzeich­nun­gen über Pati­en­ten in Obhut gege­ben werden, muss diese Aufzeich­nun­gen unter Verschluss halten und darf sie nur mit Einwil­li­gung des Pati­en­ten einse­hen oder weiter­ge­ben.
(5)
Aufzeich­nun­gen auf elek­tro­ni­schen Daten­trä­gern oder ande­ren Spei­cher­me­dien bedür­fen beson­de­rer Siche­rungs- und Schutz­maß­nah­men, um deren Verän­de­rung, Vernich­tung oder unrecht­mä­ßige Verwen­dung zu verhin­dern.

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