Anlage A zur Satzung der Bayerischen Landesärztekammer vom 23. April 2005, zuletzt geändert durch Beschluss des 81. Bayerischen Ärztetages vom 16. Oktober 2022 (Bayerisches Ärzteblatt 12/2022, S. 659)
Geschäfts- und Verfahrensordnung der Ethik-Kommission der Bayerischen Landesärztekammer
Inkraftgetreten am 01.01.2023 •
Veröffentlicht in Bayerisches Ärzteblatt 12/2022, S. 659
§ 1
Einrichtung, Name und Sitz
(1)
Bei der Bayerischen Landesärztekammer ist eine Ethik-Kommission zur Beurteilung ethischer und rechtlicher Aspekte medizinischer Forschung am Menschen eingerichtet.
(2)
Sie führt die Bezeichnung „Ethik-Kommission der Bayerischen Landesärztekammer“.
Sie hat ihren Sitz bei der Bayerischen Landesärztekammer.
(3)
Die Ethik-Kommission beantragt die Registrierung bei einer Bundes- oder Landesbehörde für Verfahren, in denen dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
§ 2
Aufgaben und Grundlagen der Tätigkeit
(1)
Die Ethik-Kommission hat die Aufgabe, Mitglieder eines bayerischen ärztlichen Kreisverbandes vor der Durchführung klinischer Versuche am Menschen oder der epidemiologischen Forschung mit personenbezogenen Daten nach § 15 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns in der jeweiligen Fassung zu beraten.
(2)
Sie nimmt ferner die in Gesetzen und Verordnungen der Ethik-Kommission zugewiesenen Aufgaben wahr.
(3)
Die Ethik-Kommission arbeitet auf Grundlage des geltenden Rechts und der einschlägigen Berufsregeln einschließlich des wissenschaftlichen Standards.
Sie berücksichtigt einschlägige nationale und internationale Empfehlungen.
(4)
Die Verantwortung des Leiters des Forschungsvorhabens und jedes einzelnen teilnehmenden Arztes bleibt unberührt.
§ 3
Zusammensetzung, Bestellung und Vorsitz
(1)
Die Ethik-Kommission ist interdisziplinär zusammengesetzt und besteht aus je mindestens einem Juristen, einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, einer Person mit Erfahrung auf dem Gebiet der Versuchsplanung und Statistik, drei Ärzten, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen, davon ein Facharzt für klinische Pharmakologie oder für Pharmakologie und Toxikologie, sowie einem Laien.
(2)
Ferner gehören der Ethik-Kommission Konsiliarii für Pädiatrie, Strahlenschutz und Medizinprodukte an.
Diese und externe Sachverständige werden bei Bedarf zur Bewertung einschlägiger Vorhaben hinzugezogen.
(3)
Bei der Auswahl der Mitglieder, Konsiliarii und externen Sachverständigen werden Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt.
(4)
Die Mitglieder und Konsiliarii der Ethik-Kommission werden vom Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer im Einvernehmen mit dem als Rechtsaufsicht für die Bayerische Landesärztekammer zuständigen Staatsministerium für die Dauer von vier Jahren bestellt.
Mehrmalige Bestellungen sind zulässig.
Die Mitglieder nehmen ihre Aufgaben auch nach Ablauf der Amtsperiode solange wahr, bis die neuen Mitglieder das Amt übernehmen.
(5)
Die Mitglieder und Konsiliarii der Ethik-Kommission wählen mit Mehrheit ein ärztliches Mitglied zum Vorsitzenden und regeln mit Mehrheit seine Stellvertretung.
Bei der Wahl des Vorsitzes sollen weibliche und männliche Mitglieder zur Wahl stehen.
(6)
Jedes Mitglied und jeder Konsiliarius kann seine Tätigkeit in der Ethik-Kommission durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer beenden.
Scheidet ein Mitglied oder Konsiliarius während der Dauer einer Amtsperiode aus, so wird für die restliche Amtsperiode ein Nachfolger bestellt.
§ 4
Unabhängigkeit und Pflichten der Mitglieder, Konsiliarii und externer Sachverständiger, Befangenheit
(1)
Die Mitglieder, Konsiliarii und externen Sachverständigen sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.
Sie sind nur ihrem Gewissen verantwortlich.
Sie sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet.
Die Geschäftsstelle holt zu jedem Antrag Unabhängigkeitserklärungen der beteiligten Mitglieder, Konsiliarii und externen Sachverständigen ein, die beinhalten, dass diese keine finanziellen oder persönlichen Interessen, die Auswirkungen auf ihre Unparteilichkeit haben könnten, haben.
Mitglieder und Konsiliarii, die an einem zu beurteilenden Forschungsvorhaben mitwirken oder für die sonstige Ausschlussgründe im Sinne des Art. 20 f. des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen, sind von der Beratung und Abstimmung über den entsprechenden Antrag ausgeschlossen; externe Sachverständige werden nicht beauftragt, wenn derartige Umstände bzw. Ausschlussgründe vorliegen.
Ob die Voraussetzungen nach Satz 5 vorliegen, entscheidet durch Beschluss die Ethik-Kommission ohne Mitwirkung des persönlich Beteiligten.
Die Mitglieder und Konsiliarii geben vor ihrer Ernennung durch den Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer eine Erklärung zu ihren finanziellen Interessen entsprechend § 3 Abs. 4 Satz 3 der Klinische Prüfung-Bewertungsverfahren-Verordnung ab; eine solche Erklärung ist weiterhin zum Ende eines jeden Geschäftsjahres der Bayerischen Landesärztekammer gegenüber abzugeben.
Eine solche Erklärung geben externe Sachverständige vor ihrer ersten Beauftragung und im Falle wiederholter Beauftragung zum Ende eines jeden Geschäftsjahres der Bayerischen Landesärztekammer gegenüber ab.
(2)
Sowohl die Mitglieder der Ethik-Kommission als auch die hinzugezogenen Konsiliarii und Sachverständigen sollen über ausreichende Kenntnisse der englischen Sprache verfügen.
Sie sind verpflichtet, sich regelmäßig fortzubilden.
§ 5
Geschäftsstelle
(1)
Die Bayerische Landesärztekammer stellt die für die Geschäftsführung der Ethik-Kommission notwendigen personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung.
Die Einzelheiten werden in Handlungsanweisungen (SOPs „standard operating procedures“) geregelt, die die Ethik-Kommission mit Mehrheit beschließt.
(2)
Das Personal der Geschäftsstelle soll über ausreichende Kenntnisse der englischen Sprache verfügen.
(3)
Die Geschäftsstelle prüft eingehende Anträge auf formale Vollständigkeit und leitet diese an die Mitglieder und bei Bedarf an Konsiliarii und externe Sachverständige weiter.
Sie sorgt für die Einhaltung der gesetzlichen Fristen und für die Aufbewahrung von Antragsunterlagen, Sitzungsprotokollen und Unabhängigkeitserklärungen für die Dauer von 10 Jahren nach Beendigung oder Abbruch der Studie, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.
(4)
Die Kommunikation mit den Antragstellern und Behörden erfolgt grundsätzlich über die Geschäftsstelle.
(5)
Die Geschäftsstelle legt die Sitzungstermine im Benehmen mit dem Vorsitzenden fest und bereitet die Sitzung vor.
Sie hält die Ergebnisse der Sitzungen in einem schriftlichen Protokoll fest.
(6)
Die Geschäftsstelle erstellt einen jährlichen Tätigkeitsbericht.
(7)
Die Geschäftsstelle teilt der registrierenden Behörde Änderungen, die die Voraussetzungen der Registrierung betreffen, unverzüglich mit.
§ 6
Antragstellung
(1)
Die Ethik-Kommission wird auf schriftlichen Antrag tätig.
Als Antrag gilt auch eine gesetzlich geregelte elektronische Einreichung über Datenbanken.
(2)
In der Beratung nach § 15 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns kann die Ethik-Kommission den Antragsteller um eine mündliche Erläuterung des Forschungsvorhabens bitten oder ergänzende Unterlagen, Angaben oder Begründungen verlangen.
§ 7
Sitzungen
(1)
Die Sitzungen der Ethik-Kommission sind nicht öffentlich.
(2)
Die Ethik-Kommission tagt, so oft es die Geschäftslage erfordert.
Die Einladung erfolgt durch den Vorsitzenden, der die Sitzung leitet.
(3)
Die Ethik-Kommission entscheidet grundsätzlich nach mündlicher Erörterung.
Mündliche Erörterung kann auch über Telekommunikationsmittel erfolgen, die den unmittelbaren Austausch von Rede und Gegenrede erlauben (z.B. Telefonkonferenz, Videokonferenz).
Schriftliche Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist zulässig.
§ 8
Beschlussfassung
(1)
Die Ethik-Kommission fasst ihre Beschlüsse unter Mitwirkung von mindestens sieben Mitgliedern, wovon ein Mitglied ein Laie ist.
(2)
Die Ethik-Kommission soll über die jeweils zu treffenden Beschlüsse einen Konsens anstreben.
Wird ein solcher nicht erreicht, beschließt sie mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
(3)
Jedes Mitglied der Kommission kann seine abweichende Meinung zu Protokoll geben.
(4)
Die Kommission kann den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied, soweit dies gesetzlich zulässig ist, im Voraus durch Beschluss ermächtigen, unter Einbeziehung der Geschäftsstelle und ggf. eines weiteren Mitglieds, allein zu entscheiden oder die Geschäftsstelle zu einer Entscheidung autorisieren.
Die Kommission kann diese Ermächtigung jederzeit durch Beschluss widerrufen.
(5)
Die Entscheidung der Ethik-Kommission ist schriftlich mitzuteilen.
Die Ethik-Kommission macht kenntlich, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage sie tätig wird.
Bescheide und Auflagen zur Änderung des Forschungsvorhabens sind schriftlich zu begründen.
§ 9
Kosten und Entschädigungen
(1)
Für die Prüfung und Beratung von Forschungsvorhaben werden Gebühren und Auslagen nach den einschlägigen Vorschriften erhoben.
(2)
Die Mitarbeit in der Ethik-Kommission erfolgt ehrenamtlich.
Die Mitglieder erhalten eine Entschädigung, deren Höhe durch den Vorstand der Kammer festgesetzt wird.