ÄKV Bamberg: Wem dient die Medizin? Zur Idee des Patientenwohls im Zeitalter der Ökonomisierung in der Medizin ‒ ein Ethiksymposium

Pressemeldung — 21.02.2019
Der Ärztliche Kreisverband Bamberg veranstaltet 2018 / 2019 eine Vortrags- und Fortbildungsreihe zum Thema „Ökonomie und Medizin“. Den Auftakt bildete das jährliche „Schönlein-Symposium“ in Bamberg, das diesmal unter dem Thema „Wem dient die Medizin?“ sich mit grundsätzlichen Themen aus dem Spannungsfeld Wirtschaftlichkeit und Patientenwohl auseinandersetzte. Wirtschaftlich kaufmännische Überlegungen haben unbestritten einen ständig wachsenden Einfluss auf Pflegende, Ärzte, Patienten und stellen uns vor fachübergreifende Herausforderungen. Passend zum interdisziplinären Charakter des Problems wurden zum Symposium dieser renommierte Referenten aus den unterschiedlichsten Spaten gefunden, die entsprechend ihres persönlichen Hintergrundes Einblicke in ethische, philosophische, juristische und berufspolitische Problemfelder gaben. Zentral führend war die Frage, was die Medizin letztlich ist. Handelt es sich um eine Tätigkeit, die sich nicht grundlegend von der anderer Berufsgruppen unterscheidet oder sind die Fundamente medizinischen Handelns und damit ihre fundamentalen Begriffe normativer Natur?
Wenn letzteres der Fall ist, dann kann die Ökonomisierung als Versuch gesehen werden, die normativen Fundamente der Medizin durch ökonomische zu ersetzen. Diesen Widerspruch klar zu artikulieren und öffentlich zur Debatte zu stellen war die Hauptaufgabe des Symposiums. Die dort gehaltenen Vorträge zeigten, dass im gegenwärtigen medizinischen Alltag massive Probleme bestehen, die kritisch benannt und diskutiert wurden. Diese Analysen fanden in den lebhaften Diskussionen breite Unterstützung mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ein diskutierter Lösungsansatz könnte darin bestehen, nicht nur rein ökonomische Zielsetzung in Arbeitsverträgen zu verankern, sondern auch auf das Patientenwohl ausgerichtete.
Anwesend waren auch Studierende der Medizin, die davon berichteten, dass bereits in der studentischen Ausbildung rein ökonomisch begründete Verhaltensweisen ihren Niederschlag finden, die aus Sicht der Studierenden in Konflikt mit dem Patientenwohl stehen. Dies schockiertt Medizinstudenten, die das Medizinstudium mit dem Ideal beginnen, dass die oberste Maxime ärztlichen Handelns das Wohl ihres Patienten sei und nicht die Gewinnmaximierung am Jahresende. Über alle Vorträge und Diskussionen wurde klar: der Dialog darüber, auf welchem Fundament basierend wir medizinisch tätig sein wollen, muss offen geführt werden, wenn es sich um ein berufspolitisches Anliegen handelt. Das Schönlein-Symposium in Bamberg hat gezeigt, wie groß das Bedürfnis bei vielen innerhalb der ärztlichen Gemeinschaft ist, die auftretenden Konflikte zwischen Patientenwohl und Gewinnstreben deutlich zur Sprache zu bringen, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren.
Als Referenten traten in Bamberg auf: Prof. Dr. med. Jürgen Barben, Chefarzt für Pneumologie aus dem Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen/Schweiz; Klaus- Martin Bauer, Geschäftsführer des Marburger Bundes in Bayern; Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Bohrer, Chefarzt der Thoraxchirurgie am Klinikum Kulmbach, Leiter des Würzburger Philosophicums; Armin Ehl, Hauptgeschäftsführer des Marburger Bundes; Dipl-Kfm. Thomas Kapitza, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK München und Oberbayern; Prof. Dr. med. Johann-Heinrich Könighausen, Institut für Philosophie der Universität Würzburg; Prof. Dr. med. Ulrich Krause, Chefarzt der Chirurgie a.D. in Coburg; Prof. Dr. Dr. med. Karl-Heinz Wehkamp, SOCIUM Forschungszentrum der Universität Bremen.
Fortgesetzt wurde der Veranstaltungszyklus im Januar 2019 mit einem Vortrag über den Gynäkologen Prof. Gaucks, dem Urenkel des bekannten Mathematikers – und dessen Verstrickung in das Dritte Reich, als Mahnung, wohin ärztliches Handeln führen kann, wenn Kollegen zu sehr dem Zeitgeist folgen. Im Februar 2019 stand der Film „Der marktgerechte Patient“, auf dem Programm in dem die Auswirkungen des DRG-Systems auf den Patienten in stationärer Behandlung aufgezeigt werden. Weitere Veranstaltungen stehen an, die Reihe wird im Herbst 2019 mit einem weiteren Schönlein-Symposium schließen, das sich wiederum mit der ärztlichen Ethik befasst, diesmal aber mit alltäglichen praktischen Problemen am Arbeitsplatz.