„Die Vergessenen Kinder“ ‒ Sorge um die begleiteten Flüchtlingskinder

Pressemeldung — 11.07.2019
Weltweit sind Kinder die Bevölkerungsgruppe, die von den negativen Auswirkungen gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, sozialer, religiöser, militärischer und klimatischer Konfliktlagen am stärksten betroffen ist und darunter zu leiden hat. Für Kinder, die ihre Heimat verlassen mussten, potenzieren sich derartige Belastungen.
Der Ärztliche Kreis-und Bezirksverband München (ÄKBV) hat von Anfang an die Tätigkeit seiner Mitglieder in der Flüchtlingsversorgung begleitet und unterstützt; er sieht dies unverändert seit 2015 als eine hervorgehobene Aufgabe auf der Grundlage unseres gesetzlichen Auftrages aus dem Heilberufe-Kammergesetz.
Münchner Ärztinnen und Ärzte haben sich seit Beginn der Flüchtlingskrise 2015 in herausragender Weise um die medizinische Grundversorgung der Flüchtenden nach deren Ankunft in München gekümmert. Die Kinderärztliche Versorgung nimmt dabei immer noch einen Schwerpunkt ein. Auf der Grundlage der dort gewonnenen Einblicke und Kenntnisse warnen die Kolleginnen und Kollegen seit langem vor den Folgen einer völlig unzureichenden strukturellen Versorgung für Kinder in Begleitung ihrer Mütter oder Eltern. Kinder finden hier nicht die Strukturen und Rahmenbedingungen vor, die sie für ihre Entwicklung benötigen. Dazu kommt, dass auch die Eltern hier in einer Ausnahmesituation und fremd sind, so dass sie die mangelnden Strukturen nicht ausgleichen können. Die absehbaren Folgeschäden durch die derzeitige Art der Unterbringung dieser Kinder gilt es vorrangig zu vermeiden.
Wir halten die unverzügliche Umsetzung folgender Forderungen in allen Unterkünften einschließlich der Ankerzentren bzw. ‐dependancen für dringlich und unverzichtbar:
- Sichere Unterkünfte (je Familie mind. ein Raum) für Frauen und Kinder, abschließbar, mit geschlechtergetrennten, abschließbaren Sanitäranlagen
- ab Aufnahmetag in jeder Einrichtung eine feste Tagesstruktur mit Kita, Schule, Hausaufgabenbetreuung an fünf Tagen/Woche, unabhängig vom Aufenthaltsstatus
- Bei Bedarf Diagnostik Therapie durch Kinderpsychiater, Sozialpädiater und Kinder-Psychotherapeuten
- Gruppenangebote für Eltern als Psychoedukation („ParentsCollege“), ggf. in Kombination mit den aufsuchenden „Frühen Hilfen“ für die Kinder
- Regelmäßige Kontrollen durch die Fachabteilungen des Referates für Gesundheit und Umwelt (RGU) und durch die Experten des Jugendamtes hinsichtlich der Umsetzung dieser Forderungen und der Einhaltung von gesetzlichen hygienischen Standards.
Wissenschaftliche Untersuchungen dieser Bevölkerungsgruppe belegen, dass die normale und gesunde Entwicklung dieser Kinder unter den aktuellen Bedingungen in hohem Maße gefährdet ist (Literatur auf Nachfrage beim ÄKBV). Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland als einen Vertragspartner in Artikel 3 zur „vorrangigen Berücksichtigung des Kindeswohls“ und in Artikel 6 „… im größtmöglichen Umfang die Entwicklung des Kindes zu gewährleisten“.