Arztbewertungen, Patientenrechte und mehr Transparenz

Pressemeldung — 13.10.2011

Dr. Klaus Ottmann, Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), stellte seine Topthemen zum 70. Bayerischen Ärztetag in München im Münchner PresseClub vor.
Ottmann kündigte an, dass auf dem diesjährigen Ärztetag die Berufsordnung (BO) für die Ärzte Bayern an einigen Punkten geändert werde. Gerade für Patienten seien etliche Neuerungen in Hinblick auf „Transparenz und Glaubwürdigkeit“ relevant. Gerade die Kapitel „Grundsätze“ und „Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten“ wurde einer gründlichen Novellierung unterzogen. So wurden etwa beim § 7 „Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln“ neue Aspekte, wie Zusammenarbeit mit anderen Ärzten und Gesundheitsberufen, telemedizinische Verfahren oder Umgang mit Patientenkritik und Meinungsverschiedenheiten eingearbeitet. Die Aufklärungspflichten (§8) wurden erweitert: „Die Aufklärung hat dem Patienten insbesondere vor operativen Eingriffen Wesen, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einschließlich Behandlungsalternativen und die mit ihnen verbundenen Risiken in verständlicher und angemessener Weise zu verdeutlichen. Insbesondere vor diagnostischen oder operativen Eingriffen ist soweit möglich eine ausreichende Bedenkzeit vor der weiteren Behandlung zu gewährleisten. Je weniger eine Maßnahme medizinisch geboten oder je größer ihre Tragweite ist, umso ausführlicher und eindrücklicher sind Patienten über erreichbare Ergebnisse und Risiken aufzuklären.“ Interessant für Patienten dürften auch die Änderungen in § 12 „Honorar und Vergütungsabsprachen“ sein: „Vor dem Erbringen von Leistungen, deren Kosten erkennbar nicht von einer Krankenversicherung oder von einem anderen Kostenträger erstattet werden, muss der Arzt den Patienten schriftlich über die Höhe des nach der GOÄ zu berechnenden voraussichtlichen Honorars sowie darüber informieren, dass ein Anspruch auf Kostenübernahme durch eine Krankenversicherung oder einen anderen Kostenträger nicht gegeben oder nicht sicher ist.“
Ottmann ging auf mehrere Arzt-Bewertungsportale im Internet kurz ein und resümierte, dass das Bundesverfassungsgericht Bewertungsportale grundsätzlich für zulässig erklärt habe. Gegen sachliche Kriterien gebe es nichts einzuwenden, wohl aber gegen „Schmähkritik“. Die Patienten könnten die Servicequalität in einer Praxis beurteilen, wie z. B. Freundlichkeit, Sauberkeit, Diskretion oder Wartezeiten, jedoch sei keine medizinische Bewertung möglich. „Hierbei handelt es sich eher um das subjektive Empfinden der Patienten, da eine eindeutige Wissens-Asymmetrie zwischen Arzt und Patient vorliege“, so Ottmann.
Zur immer wieder auftauchenden Forderung der „Gewerbesteuer für Ärzte“ erteilte der Vizepräsident eine klare Absage und erklärte, dass laut der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns, „der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung dient und der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf“. Der freie Beruf zeichne sich aus durch: Besondere berufliche Qualifikation, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Leistungserbringung, staatliche, eigenständige Gebührenordnung, Mitwirkung am Gemeinwohl, eigene berufsrechtliche Pflichten, freiberufliche Selbstverwaltung und Leistungen für die regionale Infrastruktur.
Zum Patientenrechtegesetz, das auf Bundesebene bereits seit Jahren vorbereitet wird, sagte Ottmann, dass dies eigentlich eine Zusammenfassung der an vielen Stellen geregelten Patientenrechte darstelle. Ziel sei es, mehr Transparenz im Gesundheitswesen zu bieten. Diejenigen Bereiche, die die Ärzte betreffen seien bereits in der Berufsordnung und durch die Rechtsprechung geregelt. Konkretisiert werden die Dokumentations- und Aufklärungspflicht, das Recht auf Einsichtnahme, ein verbindliches Beschwerdemanagement, spezialisierte Arzthaftungskammern bei den Landgerichten oder die Einführung eines obligaten Risikomanagements und Fehlermeldesystems.
Erstmals wurde in der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen die Schwelle von 1.000 gestellten Anträgen pro Geschäftsjahr überschritten. Annähernd gleichbleibend ist die Behandlungsfehlerquote von rund 30%. Ottmann gab die „TOP-10“ der gerügten ärztlichen Tätigkeitsbereiche 2010 bekannt. Die Gebiete waren der Reihe nach: Orthopädie/Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Allgemeinmedizin, Augenheilkunde, Innere Medizin, HNO, Dermatologie, Urologie und Plastische Chirurgie.
Zur neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die gerade auf Bundesebene erarbeitet wird, sei der Leistungskatalog mit der entsprechenden Legendierung fertig. Die neue GOÄ umfasse 4.000 Einzelleistungen, ca. 1.000 davon allein im Laborbereich. Es seien keine Pauschalen vorgesehen, aber Komplexgebührenpositionen, besonders bei operativen Eingriffen, sind sinnvoll. Das Konzept wurde bei den kooperierenden ca. 40 Fachverbänden bereits vorgestellt und ursprünglich wurden 160 wissenschaftlich-ärztliche Gruppierungen angefragt. „Es geht bei der neuen GOÄ um die korrekte betriebswirtschaftliche Kalkulation. Die Berechnungen müssen gegenüber BMG, PKV und Beihilfe belastbar sein“, erklärte Ottmann.
Ausführlich ging Ottmann auf die ambulante Behandlung im Krankenhaus (§ 116 b SGB V) ein. Insgesamt seien in Bayern wenige Anträge, ca. 50, im Vergleich zu anderen Bundesländern gestellt worden. Ca. 50 % der positiven Bescheide betreffen bisher Spezialambulanzen von Universitätskliniken. Schließlich erläuterte der Vize noch CIRS (Critical Incident Reporting System). „Dies ist ein sogenanntes Fehlerberichts- und Lernsystem. Es handelt sich um ein gemeinsames Modellprojekt der BLÄK und des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Eigene oder beobachtete sicherheitsrelevante Ereignisse werden berichtet, systematisch analysiert und weitergegeben und für Fortbildung genutzt (www.cirsmedical.de).

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