Wie viel Staat und Zentralismus muss sein?

Pressemeldung — 13.10.2011

Angesichts einiger aktueller Bundesgesetze im Gesundheitsbereich hinterfragt Dr. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), vor dem 70. Bayerischen Ärztetag in München das Maß an bundesstaatlicher Regelungskompetenz aus Ländersicht und aus der Sicht der Ärztekammer.
So haben die Regierungspläne im Versorgungsstrukturgesetz (VStG) gegen den Ärztemangel – trotz grundsätzlicher Zustimmung – Kritik gegenüber der Durchgängigkeit des Gesetzes bei Kaplan ausgelöst. Positiv ist, dass das VStG vorsieht, dass von Januar 2012 an wachsende Ärztelücken auf dem Land geschlossen werden und dass Ärzte dort wieder mehr Planungssicherheit durch Honorarsicherheit und Regressabbau und mehr entsprechende Anreize zur Niederlassung erhalten. „Bei der erwünschten Regionalisierung jedoch bleibt der Entwurf hinter unseren Erwartungen zurück“, sagte Bayerns Ärzte-Chef. Sowohl bei der Versorgungsplanung als auch Honorarverteilung müssen den Ländern mehr Rechte zugestanden werden, so eine wesentliche Forderung. Weitere Forderungen betreffen die sektorübergreifende Qualitätssicherung und die spezialärztliche Versorgung. An der Formulierung stringenter Qualitätssicherungsmaßnahmen bzw. bei der Besetzung von gemeinsamen Landesgremien müssen auch die Landesärztekammern (LÄK) beteiligt werden. Ferner fordert Kaplan eine stimmberechtigte Beteiligung der Bundesärztekammer im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Kaplan hofft, das anstehende parlamentarische Verfahren biete noch breiten Raum, um diese Punkte zu diskutieren.
Ein anderes Bundesgesetz mit erheblichen Auswirkungen auf die Länderebene ist das Gendiagnostikgesetz (GenDG), das genetische Untersuchungen bei Menschen sowie die Verwendung fachspezifischer genetischer Proben und Daten regelt. Auch wenn Kaplan gerade den Arztvorbehalt und die Verankerung des „Rechts auf Nichtwissen“ im GenDG begrüßt, so stoßen doch die Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission (GE-KO) über die Anforderungen an die Qualifikation und Inhalte der genetischen Beratung, die die fachärztliche Weiter- und Fortbildung im Bereich der Gendiagnostik betreffen, auf Kritik: „Es wird hier in die ausschließliche Gesetzgeberkompetenz der Länder eingegriffen und es wird ein Widerspruch zu den bereits existierenden Regelungen der LÄK erzeugt“, so der Präsident. Die Richtlinien der GEKO sind bereits am 11. Juli 2011 in Kraft getreten und die Regelungen zur ärztlichen Qualifikation zur genetischen Beratung müssen bis zum 1. Februar 2012 umgesetzt sein, wofür die Länder verpflichtet und zuständig sind. Daraus ergeben sich erhebliche Probleme in der Umsetzung und Rechtssicherheit.
Ein weiteres gesetzgeberisches Beispiel bietet die Novellierung des Transplantationsgesetzes (TPG), insbesondere § 16 TPG. So soll die Zusammensetzung und die Aufgabenwahrung der Ständigen Kommission der Bundesärztekammer „Organtransplantation“ gesetzlich geregelt werden und die Richtlinien müssen auch rechtlich vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigt werden. Im Klartext bedeutet dies: In Zukunft müssen die Richtlinien zur Organtransplantation vom Bundesminister für Gesundheit genehmigt werden, was die Autonomie der Selbstverwaltung massiv in Frage stellt.
Die aktuellen Gesetzesvorhaben seien eine „echte Nagelprobe für den bundesdeutschen Föderalismus im Gesundheitswesen und für die künftige Rolle der ärztlichen Selbstverwaltung“, so Kaplan.

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