Bundesärztekammer: Reinhardt fordert New Deal für die Antibiotika-Entwicklung

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Pressemeldung — 15.11.2022

Brüs­sel, 15.11.2022 – „Wir brau­chen einen New Deal für die Entwick­lung neuar­ti­ger Anti­bi­o­tika. In den vergan­ge­nen Jahren haben sich mehrere große Phar­ma­un­ter­neh­men aus der Entwick­lung zurück­ge­zo­gen. Dieser Trend muss drin­gend gestoppt werden, denn er stellt eine Gefahr für die Pati­en­ten­ver­sor­gung dar.“ Das forderte Dr. Klaus Rein­hardt, Präsi­dent der Bunde­s­ärz­te­kam­mer (BÄK), anläss­lich der Veran­stal­tung „Die schlei­chende Pande­mie“ am 15. Novem­ber 2022 in Brüs­sel. Neue Anreiz­sys­teme müss­ten dafür sorgen, dass Anti­bi­o­tika für die Entwick­ler auch dann profi­ta­bel sind, wenn sie als Reserve für die Behand­lung von schwe­ren Erkran­kun­gen bei Menschen vorge­hal­ten werden. „So wäre es beispiels­weise denk­bar, das Verwen­dungs­recht für neuar­tige Anti­bi­o­tika zu vergü­ten – unab­hän­gig von der einge­setz­ten Menge“, erklärte Rein­hardt. Auf der Veran­stal­tung disku­tier­ten rund 180 Vertre­te­rin­nen und Vertre­ter von EU-Insti­tu­ti­o­nen, Bund, Ländern, Unter­neh­men und Verbän­den auf Einla­dung der Bunde­s­ärz­te­kam­mer, der EU-Vertre­tung des Frei­staa­tes Bayern und der Baye­ri­schen Landes­ärz­te­kam­mer darüber, wie die Euro­pä­i­sche Union den Kampf gegen Anti­bi­o­ti­ka­re­sis­ten­zen voran­brin­gen könnte.

Bayerns Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek sagte: „Ein New Deal für die Anti­bi­o­tika-Entwick­lung bedeu­tet auch, dass wir die Rahmen­be­din­gun­gen für Forschung und Produk­tion verbes­sern müssen. Dazu ist voraus­schau­ende Struk­tur­po­li­tik auf allen
Ebenen gefor­dert – in Bayern, in Deut­sch­land und auf EU-Ebene. Unser Ziel muss sein, die Produk­tion noch stär­ker an den Stand­ort EU zu binden und damit auch Abhän­gig­kei­ten von Dritt­staa­ten wie China oder Indien zu redu­zie­ren. Neben der Struk­tur­po­li­tik auf allen Ebenen ist die inter­dis­zi­pli­näre Zusam­me­n­a­r­beit unver­zicht­bar. Im Frei­staat haben wir dazu einen Baye­ri­schen Akti­ons­plan gegen Anti­bi­o­ti­ka­re­sis­ten­zen aufge­legt, der die Kräfte aus allen Berei­chen bündelt.“

Dr. Gerald Quit­te­rer, Präsi­dent der Baye­ri­schen Landes­ärz­te­kam­mer, erklärte: „Zur Lösung des Problems der zuneh­men­den Anti­bi­o­ti­ka­re­sis­ten­zen braucht es einen umfas­sen­den „One Health“-Ansatz, der über einzelne Maßnah­men im Gesund­heits­be­reich hinaus­geht. Denn die Gesund­heit von Mensch, Tier und Ökosys­tem ist eng mitein­an­der verknüpft. Konkret heißt dies etwa: Im Agrar­sek­tor müssen wir den Einsatz von Anti­bi­o­tika weiter redu­zie­ren. Denn noch immer werden in eini­gen euro­pä­i­schen Ländern in der Land­wirt­schaft mehr Anti­bi­o­tika einge­setzt als in der Human­me­di­zin. Im Sinne von „One Health“ darf auch nicht verges­sen werden: Schwin­dende Lebens­räume für Wild­tiere, verur­sacht durch den Klima­wan­del, eine wach­sende Bevöl­ke­rung, zuneh­mende Mobi­li­tät und indus­tri­elle Land­wirt­schaft, bedeu­ten gene­rell eine stär­kere Verbrei­tung von Zoonose-Erre­gern, welche zwischen Mensch und Tier über­tra­gen werden können. Damit geht fast auto­ma­tisch ein stei­gen­der Einsatz von Anti­in­fek­tiva einher. Eine global denkende, auf die Zukunft ausge­rich­tete Gesund­heits­po­li­tik muss deshalb der Bekämp­fung des Klima­wan­dels, der Erhal­tung der natür­li­chen Habi­tate der Tier­welt sowie der Biodi­ver­si­tät höchste Prio­ri­tät einräu­men und eine Verbes­se­rung der Haltungs­be­din­gun­gen von Nutz­tie­ren anstre­ben.“

BÄK-Präsi­dent Rein­hardt sprach sich außer­dem für den rati­o­na­len und verant­wor­tungs­be­wuss­ten Einsatz von Anti­bi­o­tika aus, um Selek­ti­ons­pro­zesse und die Entwick­lung von Resis­ten­zen einzu­däm­men. Dies gelte beson­ders für die von der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion für die Behand­lung von Menschen essen­zi­ell einge­stuf­ten Anti­bi­o­tika („cri­ti­cally import­ant anti­mi­cro­bi­als of highest prio­rity“, CIA-HP). Gesund­heits­ver­sor­gung für Mensch und Tier, Nutz­tier­hal­tung, Lebens­mit­tel­pro­duk­tion und Umwelt­schutz müss­ten inein­an­der­grei­fen und eine kohä­rente Reduk­ti­onss­tra­te­gie verfol­gen. „Ins­be­son­dere muss der Verbrauch von CIA-HP in der Tier­me­di­zin stren­ger regu­liert und auf ein Mini­mum gerecht­fer­tig­ter Fälle redu­ziert werden“, forderte Rein­hardt.

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