23. Suchtforum in Bayern: „Sucht trifft Begleiterkrankungen“
Pressemeldung — 08.04.2024
„Sucht trifft Begleiterkrankungen“ – so titelt das 23. Suchtforum in Bayern, welches am 10. April 2024 als Web-Seminar stattfinden wird. Die Fortbildung für medizinische Fachberufe widmet sich dem häufig unterschätzten Thema der Doppeldiagnosen, dem sich zehntausende Betroffene, Angehörige, sowie medizinisches Personal in Bayern tagtäglich gemeinsam stellen müssen. Denn ob Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, weitere drogenbezogene Störungen oder Onlinesucht: Viele Menschen, die im Laufe ihres Lebens eine Suchterkrankung entwickeln, leiden zusätzlich unter anderen psychischen Beeinträchtigungen.
Studien zeigen etwa, dass ein Viertel der suchtkranken Patientinnen und Patienten gleichzeitig eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung aufweist. Und fast 80 Prozent der Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickeln während ihres Lebens zusätzlich eine substanzbezogene Störung bis hin zu einer Abhängigkeitserkrankung. Aber auch Psychosen, Depressionen, Burn-Out, oder posttraumatische Belastungsstörungen zählen zu häufigen Komorbiditäten.
Das Suchtforum in Bayern wird gemeinsam von der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS), der Psychotherapeutenkammer Bayern (PTK Bayern) und der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) ausgerichtet.
Dr. med. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, spricht sich im Vorfeld des Suchtforums für eine verstärkte Förderung der Sucht- und Gesundheitsprävention aus: „Das Thema Doppeldiagnosen beschäftigt die bayerischen Ärztinnen und Ärzte seit vielen Jahren. Denn die dramatischen Konsequenzen der verschiedenen Sucht- und Begleiterkrankungen für unsere Patientinnen und Patienten sind mannigfaltig und reichen von sozialen Folgen, etwa dem gesellschaftlichen und beruflichen Abstieg, über gravierende körperliche sowie zusätzliche psychische Schädigungen bis hin zum verfrühten Tod. Entscheidend ist deshalb eine stärkere Förderung der Prävention durch die Politik. Durch mehr Aufklärung und Früherkennung sowie eine breite gesellschaftliche Sensibilisierung können wir dazu beitragen, dass Menschen rechtzeitig Unterstützung erhalten, bevor sich Sucht- und Begleiterkrankungen unweigerlich verschärfen.“
Professor Dr. med. Oliver Pogarell, 1. Vorsitzender der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen, ergänzt: „Suchterkrankungen treten meist nicht isoliert auf, sondern sind eng mit weiteren, psychischen wie körperlichen Gesundheitsproblemen verbunden. Komorbiditäten von Sucht und psychischen oder somatischen Störungen sind häufig, die Zusammenhänge wechselseitig und diagnostisch herausfordernd. Begleiterkrankungen erschweren die Behandlung beider Störungen und können die Prognose verschlechtern. Therapeutisch sind multiprofessionelle, integrative Ansätze gefordert. Eine breite, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit diesen Themen ist daher wichtig: Wie häufig treten Doppeldiagnosen auf? Gibt es typische Kombinationen aus Suchtmittel und Begleitstörung? Welche Risikokonstellationen sind zu berücksichtigen? Welche Herangehensweisen haben sich bewährt? Das 23. Suchtforum “Sucht trifft Begleiterkrankungen“ soll einen Beitrag leisten, das Bewusstsein für diese „doppelte Herausforderung“, also Sucht und Komorbidität, zu schärfen und neue Kenntnisse und Entwicklungen auf diesem Gebiet zusammenzutragen.“
Dr. Christian Machon, Vorstandsmitglied der Bayerischen der Landesapothekerkammer, hebt die Bedeutung des frühzeitigen Erkennens von Doppeldiagnosen hervor: „Apothekerinnen und Apotheker spielen in der Sensibilisierung und Früherkennung von Suchterkrankungen eine wichtige Rolle, insbesondere wenn diese mit anderen psychischen Beeinträchtigungen auftreten. Die persönliche Interaktion beim Abholen von Medikamenten zur Behandlung psychischer Erkrankungen in Apotheken fördert oft die Entwicklung eines vertrauten Verhältnisses zwischen Apothekenpersonal und Patientinnen und Patienten. Hier können Suchterkrankungen, sowohl substanzgebundene als auch nicht substanzgebundene, bereits zum Vorschein treten. Auch ein übermäßiger Gebrauch von Schmerzmitteln, alkoholhaltigen Arzneimitteln oder die vermehrte Einnahme von schlaffördernden Mitteln kann in der Apotheke erkannt werden. Viele Betroffene verbergen ihr Suchtverhalten, weshalb eine effektive Zusammenarbeit innerhalb des Gesundheitswesens unerlässlich ist, um Suchterkrankungen frühzeitig zu erkennen und präventiv zum Wohle der Patientin und des Patienten einzugreifen. Unsere Rolle geht über die reine Medikamentenabgabe hinaus; wir bieten Aufklärungsarbeit und fungieren als Vermittler, indem wir Betroffene gezielt beraten, sie für die Problematik sensibilisieren und auf Hilfsangebote hinweisen.“
Professor Dr. phil. Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der PTK Bayern, weist auf die Herausforderungen in der Behandlung aus psychotherapeutischer Sicht hin: „Doppeldiagnosen gehen mit schwereren Krankheitsverläufen und einer schlechteren Behandlungsprognose einher, das ist empirisch gut bestätigt. Hier ist es wichtig, dem Auf und Ab in der Verbesserung und Verschlechterung der jeweiligen Symptomatik zuvorzukommen, indem so früh wie möglich auf die funktionalen Verschränkungen der Erkrankungen eingegangen wird. Das beinhaltet neben einer gründlichen Diagnostik insbesondere auch den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Problembewusstsein und Veränderungsmotivation durch frühzeitige psychotherapeutische Interventionen, zum Beispiel während einer qualifizierten Entgiftung. So wird auch eine vorausschauende Planung und Umsetzung der weiteren Behandlungen möglich und so werden Hürden für die Inanspruchnahme spezialisierter Angebote, zum Beispiel für Begleiterkrankungen wie PTBS, ADHS oder Persönlichkeitsstörungen, abgebaut. Zuletzt ist auch noch mehr Forschung wichtig, um besser zu verstehen, wie einzelne psychische Erkrankungen kausal mit Sucht zusammenhängen und wie der therapeutische Prozess, vom ersten Kontakt mit den Patientinnen und Patienten bis zur Etablierung eines stabilen therapeutischen Bündnisses und gemeinsamen Arbeit an Veränderungszielen, optimiert werden kann.“
Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS)
BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Landwehrstraße 60-62, 80336 München, Telefon 089 530730-0, E-Mail: bas@bas-muenchen.de, Internet: www.bas-muenchen.de
Die BAS beschäftigt sich als Transferinstitut zwischen Forschung und Praxis mit wissenschaftlichen und praxisbezogenen Fragestellungen der Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen. Sie wurde im Herbst 1997 mit dem Zweck gegründet, die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens im Suchtbereich gezielt zu fördern. Zum Themenkreis der BAS gehören körperliche und psychosoziale Störungen beziehungsweise Krankheiten im Zusammenhang mit Alkohol, Nikotin, illegalen Drogen und psychoaktiv wirkenden Medikamenten. Darüber hinaus befasst sie sich auch mit den sog. nicht-substanzgebundenen bzw. Verhaltenssuchten wie den pathologischen Glücksspielen. Auch weitere mit Abhängigkeitsstörungen assoziierte Gesundheitsthemen wie z. B. Angststörungen, Depressionen oder Essstörungen werden behandelt. Ein zentrales Ziel der BAS besteht in der Förderung des Transfers zwischen Wissenschaft und Praxis. Neben der jährlichen Vortragsreihe organisiert sie regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen und Tagungen.
Bayerische Landesapothekerkammer − Körperschaft des öffentlichen Rechts (BLAK)
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Die BLAK ist die Berufsvertretung der bayerischen Apothekerinnen und Apotheker. Sie ist Körperschaft des öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, und Pflege und Prävention. Die Apothekerkammer wacht über die Erfüllung der Berufspflichten durch die Apothekerinnen und Apotheker und vertritt die beruflichen Interessen der Apothekerschaft gegenüber Politik und Gesellschaft. Darüber hinaus bietet sie ihren über 16.000 Mitgliedern eine Vielzahl an unterstützenden Dienstleistungen und Services, wie zum Beispiel ein breites Angebot an Fort- und Weiterbildungen oder ein apothekenspezifisches Qualitätsmanagementsystem. Die Apothekerkammer gewährleistet durch ihre Mitglieder eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und trägt damit aktiv zum Patienten- und Verbraucherschutz bei.
Bayerische Landesärztekammer − Körperschaft des öffentlichen Rechts (BLÄK)
Mühlbaurstraße 16, 81677 München
Dagmar Nedbal, Referat Kommunikation, Politik und Marketing: Telefon 089 4147-714, E-Mail: presse@blaek.de, Internet: www.blaek.de
Die BLÄK wurde 1946 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gebildet. Sie ist zusammen mit 63 Kreisverbänden und acht Bezirksverbänden die gesetzliche Berufsvertretung aller bayerischen Ärzte. Zu den Aufgaben der BLÄK gehören unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzte, die Förderung der ärztlichen Fortbildung sowie die Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten. Die BLÄK engagiert sich derzeit für rund 94.000 Ärztinnen und Ärzte. Alle zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte, die im Freistaat ärztlich tätig sind oder dort ihren Hauptwohnsitz haben, sind Pflichtmitglieder der BLÄK.
Psychotherapeutenkammer Bayern (PTK Bayern), Körperschaft des öffentlichen Rechts
Birketweg 30, 80639 München
Pressestelle: Luisa Hiller, Telefon 089 515555-241, E-Mail: pressestelle@ptk-bayern.de, Internet: www.ptk-bayern.de
Die PTK Bayern ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Berufsvertretung der rund 10.100 Psychotherapeutinnen in Bayern. Nach dem Heilberufe-Kammergesetz (HKaG) gehört es zu den wesentlichen Aufgaben der PTK Bayern, die beruflichen Belange ihrer Mitglieder wahrzunehmen, die Erfüllung der psychotherapeutischen Berufspflichten zu überwachen, die psychotherapeutische Fort- und Weiterbildung zu fördern und in der öffentlichen Gesundheitspflege mitzuwirken.