77. Bayerischer Ärztetag – Arbeitstagung

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Pressemeldung — 28.10.2018

Der 77. Baye­ri­sche Ärzte­tag (BÄT) fasste in seiner Arbeits­sit­zung in Nürn­berg unter ande­rem folgende Beschlüsse:

Medi­zin­stu­di­en­plätze
Der 77. BÄT fordert, die Anzahl der Studi­en­plätze für Human­me­di­zin mindes­tens auf 17.000 pro Jahr zu erhö­hen. So viele Studi­en­plätze gab es deut­sch­land­weit vor der Wieder­ver­ei­ni­gung. Im Jahr 2017 wurden nur 10.750 Plätze für Studi­e­n­an­fän­ger ange­bo­ten. Die Erhö­hung müsse mit einer finan­zi­el­len Unter­stüt­zung der medi­zi­ni­schen Fakul­tä­ten einher­ge­hen. Der Ärzteman­gel werde in den nächs­ten Jahren immer gravie­r­en­der werden, deshalb müsse der erste dring­li­che Schritt eine schnelle Erhö­hung der Studi­en­plätze sein.

Zulas­sung zum Medi­zin­stu­dium
Der 77. BÄT begrüßt das Enga­ge­ment der Medi­zi­ni­schen Fakul­tä­ten bei der Weiter­ent­wick­lung des Auswahl­ver­fah­rens der Hoch­schu­len (AdH) und ruft die baye­ri­schen Univer­si­tä­ten dazu auf, diese Krite­rien im Sinne des Master­plans Medi­zin­stu­dium 2020 weiter zu verbes­sern. Im Vorder­grund soll­ten dabei neben den bereits bei allen baye­ri­schen Univer­si­tä­ten exis­tie­ren­den Auswahl­kri­te­rien (Durch­schnitts­note, einschlä­gige Berufs­aus­bil­dung und Test für Medi­zi­ni­sche Studien­gänge) folgende kumu­la­tiv anzu­wen­dende Punkte stehen: sozi­a­les, ehren­amt­li­ches oder wissen­schaft­li­ches Enga­ge­ment; Losver­fah­ren, ggf. gewich­tet; Auswahl­ge­spräch der Univer­si­tät; wohn­ort­na­her Studien­ort.

Organ­spende
Die baye­ri­sche Ärzte­schaft unter­stützt die Forde­rung des 121. Deut­schen Ärzte­ta­ges zur Einfüh­rung der Wider­spruchs­lö­sung bei der Organ­spende. Obwohl die Organ­spen­de­be­reit­schaft in der Bevöl­ke­rung auch nach einer aktu­el­len Umfrage der Bundes­zen­trale für gesund­heit­li­che Aufklä­rung (BZgA) hoch sei, sinke die Zahl der Organ­spen­den konti­nu­ier­lich. Laut Deut­scher Stif­tung Organ­trans­plan­ta­tion (DSO) wurden 2017 nur 797 Organ­spen­den durch­ge­führt. Gleich­zei­tig warte­ten mehr als 10.000 Menschen in Deut­sch­land auf ein Spen­der­or­gan. Dieses Problem, das jedes Jahr für den Tod vieler Pati­en­ten auf der Warte­liste verant­wort­lich sei, könnte durch die Einfüh­rung der in eini­gen euro­pä­i­schen Ländern bereits gelten­den Wider­spruchs­lö­sung effek­tiv bekämpft werden. Da auch für die Wider­spruchs­re­ge­lung der mutmaß­li­che Wille des Spen­ders in Zwei­fels­fäl­len zu klären sei, bleibe die Auto­no­mie des Spen­ders weiter­hin gewähr­leis­tet. Weitere Forde­run­gen sind die Finan­zie­rung der Explan­ta­ti­ons­kos­ten für die Entnahme-Klinik, die Infor­ma­tion, Förde­rung und Freistel­lung der Trans­plan­ta­ti­ons­be­auf­trag­ten sowie die Einrich­tung eines Trans­plan­ta­ti­ons­re­gis­ters, um die Willens­ent­schei­dung der Menschen darzu­stel­len.

Versor­gung von psychisch Kran­ken
Der 77. BÄT unter­stützt die Forde­rung der in Bayern akti­ven Verbände aus dem Bereich der Psycho­the­ra­pie, Psych­ia­trie und Psycho­so­ma­ti­schen Medi­zin, einen neuen „gestuf­ten und gesteu­er­ten“ Zugang zur psycho­the­ra­peu­ti­schen Versor­gung abzu­leh­nen, wie er in der Kabi­netts­vor­lage für ein Termin­ser­vice- und Versor­gungs­ge­setz (TSVG) vorge­se­hen ist (§ 92 Sozi­al­ge­setz­buch V). Wenn eine zusätz­li­che Vorab­klä­rung vor einer Psycho­the­ra­pie durch einen einge­schränk­ten Kreis von Behan­deln­den einge­führt würde, könnte sich die Versor­gung von psychisch Kran­ken verzö­gern bzw. nach­hal­tig verschlech­tern oder sie würde sogar ganz verhin­dert. Die geplante Rege­lung konter­ka­riere die Fort­s­chritte der erst im Jahr 2017 komplett über­a­r­bei­te­ten Reform der Psycho­the­ra­pie­richt­li­nie.

Pfle­ge­not­stand
Die Dele­gier­ten des 77. BÄT unter­stüt­zen das Volks­be­geh­ren „Stoppt den Pfle­ge­not­stand an Bayerns Kran­ken­häu­sern“ und fordern eine beda­rfs­ge­rechte und verbind­li­che Perso­nal­be­mes­sung für alle Gesund­heits­be­rufe, die an Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten tätig sind. Der Pfle­ge­kräf­teman­gel in Bayerns Kran­ken­häu­sern sei ekla­tant und beein­träch­tige tagtäg­lich sowohl die Quali­tät der Pati­en­ten­ver­sor­gung als auch die Profes­si­o­na­li­tät, beruf­li­che Zufrie­den­heit und Gesund­heit des Pfle­ge­per­so­nals. Bayern laufe Gefahr, in einen Pfle­ge­not­stand und damit eine Versor­gungs­krise histo­ri­schen Ausma­ßes zu gera­ten. Ein am Pfle­ge­be­darf ausge­rich­te­tes Perso­nal-Bemes­sungs­in­stru­men­tes sei das Gebot der Stunde.

Genfer Gelöb­nis
Die 68. Gene­ra­l­ver­samm­lung des Weltärz­te­bun­des hat 2017 in Chicago das Genfer Gelöb­nis über­a­r­bei­tet. Der 77. BÄT hat beschlos­sen, diese neue Fassung des Genfer Gelöb­nis­ses der Berufs­ord­nung für die Ärzte Bayerns voran­zu­stel­len und damit die bishe­rige Version zu erset­zen. Die neue Dekla­ra­tion von Genf wurde im Baye­ri­schen Ärzte­blatt 9/2018, S. 457, veröf­fent­licht und ist im Inter­net unter www.baye­ri­sches-ärzte­blatt.de abruf­bar.

Flücht­linge
Die Dele­gier­ten fordern die zustän­di­gen Behör­den in Bayern auf, in allen Sammel­un­ter­künf­ten Struk­tu­ren zu schaf­fen, die es erlau­ben, beson­ders verletz­li­che Perso­nen wie Kinder, Schwan­gere oder Poly­trau­ma­ti­sierte schnell zu iden­ti­fi­zie­ren, um ihre körper­li­che und seeli­sche Gesund­heit zu sichern. Hier­bei wären inter­na­ti­o­nale Stan­dards in Bezug auf Gestal­tung der Unter­künfte hilf­reich, zum Beispiel durch abge­trennte Räum­lich­kei­ten für Frauen, in die Männer keinen Zutritt haben. Mangeln­der Schutz in Tran­sit­zen­tren, Erst­auf­nah­men, Gemein­schafts­un­ter­künf­ten oder Abschie­be­ein­rich­tun­gen würden die körper­li­che und seeli­sche Gesund­heit gefähr­den. Des Weite­ren fordern die Dele­gier­ten die zustän­di­gen Stel­len auf kommu­na­ler, Bezirks- und Landes­ebene auf, in (Flücht­lings-)Unter­künf­ten und ähnli­chen Gemein­schaft­s­ein­rich­tun­gen die inter­na­ti­o­na­len Menschen­rechts­kri­te­rien zur medi­zi­ni­schen Versor­gung zu ermög­li­chen und zu gewähr­leis­ten.

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