77. Bayerischer Ärztetag in Nürnberg eröffnet

Pressemeldung — 27.10.2018
„Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“; mit diesem Zitat Immanuel Kants begann Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), seine Rede anlässlich der Eröffnungsveranstaltung des 77. Bayerischen Ärztetags in Nürnberg am Freitagabend, 26. Oktober 2018. Quitterer sprach die Themen Digitalisierung, Prävention, Ärztebedarf, Medizinstudium im Wandel, Nachwuchsprobleme, Weiterbildung, Berufsordnung, GOÄ und Koalitionsverhandlungen an. Er betonte, dass die Chancen der Digitalisierung nicht in einem Datensammeln enden dürften. „Der geschützte und vertraute Raum der persönlichen Beziehung zwischen Arzt und Patient droht dadurch aufgebrochen zu werden. Wir Ärztinnen und Ärzte stehen jedoch für diesen geschützten Raum und sind hier Ansprechpartner nicht nur in Fragen der Gesundheit, sondern auch der Prävention.“ Bayerns Ärzte-Chef wiederholte ferner seine Forderung nach mehr universitären Studienplätzen: „Als wichtigste Maßnahme müssen die Studienplätze im Bereich Humanmedizin in Deutschland vermehrt und die dafür notwendigen Finanzmittel durch die Länder bereitgestellt werden.“
Das bayerische Landarzt-Förderprogramm befinde sich weiter auf Erfolgskurs. Darauf hat Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml in ihrem Grußwort hingewiesen. Huml unterstrich: „Mein Ziel ist es, dass es in Bayern auch künftig eine gute und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung gibt – auch auf dem Land. Wir haben die Weichen bereits frühzeitig gestellt und als eines der ersten Bundesländer ein Programm aufgelegt, mit dem die Niederlassung von Haus- und Fachärzten im ländlichen Raum gefördert wird. Inzwischen konnten wir 472 Mediziner bei ihrer Praxisgründung unterstützen – darunter sind 380 Hausärztinnen und Hausärzte.“ Huml fügte hinzu: „Neben der Niederlassungsförderung ist ein Stipendienprogramm die zweite Säule des Förderprogramms zum Erhalt und zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum.
Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, pries in seiner Begrüßung nicht nur die Stadt als Gesundheitsstandort, vielmehr sprach er über die Chancen und Risiken der Fernbehandlung. Maly diskutierte, ob die Fernbehandlung „eine Chance für Gebiete mit geringer Arztdichte und mit Ärztemangel als ein Instrument zur Sicherstellung medizinischer Erreichbarkeit“ sein könne.
Professor Dr. Matthias S. Fifka, Leiter des Instituts für Wirtschaftswissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, hielt das Impulsreferat „Zwischen Regulierung und Selbstbestimmung – Werteorientierung im Arztberuf“. Eine Auseinandersetzung mit ethischen und unternehmensethischen Themen bedeute auch die Frage danach, inwieweit diese Themen für den Arztberuf im 21. Jahrhundert eine Rolle spielten. Fifka sprach über den Vertrauensverlust vieler Menschen – in gesellschaftliche Institutionen und in die Politik. Er sprach davon, dass „sich Deutschland mit der Digitalisierung schwer tue“ und bezeichnete die demografische Entwicklung hierzulande – die Deutschen seien nach Japan die zweitälteste Gesellschaft – als eine der großen Herausforderungen. Klimawandel und Globalisierung seien weitere Megatrends, die es zu bewältigen gebe. Gerade gegen die Digitalisierung wehrten sich aber viele Ärzte. Beispielsweise habe ein Fünftel der Arztpraxen in Deutschland noch keinen Internetzugang. Aber man könne sich dieser Entwicklung nicht verschließen. „Man wird ein richtiges Maß finden müssen – aus persönlicher Betreuung und dem Einsatz von Online-Hilfsmitteln“, so der Wirtschaftswissenschaftler.
Musikalisch begleitet wurde die Auftaktveranstaltung im Beisein von rund 300 Entscheidungsträgern aus Politik, Medizin, Wirtschaft, Medien und Mitwirkenden im Gesundheitssystem vom „Ensemble Resonanz“, Klinikum Nürnberg, unter der Leitung von Kea Wolter.