Der Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer besteht aus insgesamt 17 Mitgliedern: dem Präsidenten, den beiden Vizepräsidenten, den ersten Vorsitzenden der acht ärztlichen Bezirksverbände sowie sechs Vorstandsmitgliedern, die aus dem Kreis der Delegierten zum Bayerischen Ärztetag gewählt werden.
Die Amtsperiode dauert fünf Jahre.
Im Bild: Der aktuelle Vorstand für die Amtsperiode 2018 bis 2023.
Zu den Aufgaben des Vorstands der BLÄK zählt eine ganze Reihe von Tätigkeiten. Neben der Befassung mit berufspolitisch relevanten Themen und der inhaltlichen Vorbereitung von Entschließungsanträgen zum Bayerischen bzw. Deutschen Ärztetag, befasst sich der Vorstand insbesondere mit den BLÄK-Finanzen (Rechnungsabschluss und Haushaltsplan). Ein wichtiger Part sind die Angelegenheiten der ärztlichen Weiterbildung. Hierbei geht es beispielsweise um die Neubestellung von Fachprüfern und Vorsitzenden der Prüfungsgremien für die laufende Amtsperiode, um die Neubestellung von Fachberatern und um die Beschlüsse über Anträge auf Weiterbildungsbefugnisse. Auch berufsrechtlich relevante Beschlüsse, wie zum Beispiel Beschwerden gegen Rügen, werden gefasst. Zu den Vorstandsaufgaben zählen auch die Verabschiedung gewisser Regularien oder auch die Ernennung von Gremienmitgliedern (Besetzung der Ethik-Kommission bei der BLÄK, Ernennung von Mitgliedern der Kommission „Lebendspende“ oder bei einer Änderung im Vorsitz der Fachlichen Leitung einer der Ärztlichen Stellen).
Geboren am 18. Februar 1956 in Eggenfelden, verheiratet, vier Kinder.
Medizinstudium von 1975 bis 1981 an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Approbation 1981, Promotion 1984.
Weiterbildung 1982 bis 1985 an den Krankenhäusern Eggenfelden (Chirurgie und Gynäkologie) und Pfarrkirchen (Innere) zum Facharzt für Allgemeinmedizin.
Zusatzqualifikationen: Notarzt/Arzt im Rettungsdienst, Akupunktur, Reisemedizin (DTG).
Niedergelassen in eigener Praxis in Eggenfelden.
Berufspolitik
Mitglied des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV), (seit 1986)
Delegierter zur Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), (seit 1998)
Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Rottal-Inn (2002 bis 2022)
Vorstandsmitglied im BHÄV (seit 2006)
Bezirksvorsitzender Niederbayern des BHÄV (seit 2009) und
Vorsitzender des Ärztlichen Bezirksverbandes Niederbayern (2013 bis Mai 2019)
Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), (von 1992 bis 2004 und seit 2011)
Regionaler Vorstandsbeauftragter der KVB-Bezirksstelle Niederbayern (bis 2018)
Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), (seit 03.02/2018)
Weitere Mandate und Mitgliedschaften
Vorsitzender des Landesausschusses der Bayerischen Ärzteversorgung (seit 04/2018)
Vorsitzender des Beirats der Bayerischen Akademie für ärztliche Fortbildung
Delegierter der BLÄK zum Verband Freier Berufe in Bayern e. V.
Mitglied im Landesgesundheitsrat Bayern
Mitglied im Institut für hausärztliche Fortbildung (IhF) des Deutschen Hausärzteverbandes
Mitglied im Verwaltungsrat MD Bayern ‒‒‒ Bundesärztekammer
Vorsitzender der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin (seit 12/2019)
Vorsitzender des Ausschusses „Gesundheitskompetenz, Prävention und Bevölkerungsmedizin“ (seit 11/2019)
Vorsitzender der Ständigen Konferenz „Ärztliche Fortbildung“ (seit 11/2019)
Beauftragter des Vorstands der Bundesärztekammer für Fragen der ärztlichen Psychotherapie im Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie
Mitglied des Ausschusses „Ambulante Versorgung“ (seit 11/2019) und des Ausschusses „Internationale Angelegenheiten“ (seit 11/2019)
Mitglied der Ständigen Konferenzen „Ärztliche Weiterbildung“ und „Medizinische Fachangestellte“
Mitglied der Arbeitsgruppe „Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie“
Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen für ArzthelferInnen und Medizinische Fachangestellte“
Vorsitzender der Arbeitsgruppe Klimawandel
Mitglied der Arbeitsgruppe „Weiterentwicklung des Gesundheitswesens durch Digitalisierung“
Mitglied des Arbeitskreises „Long-COVID Syndrom“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer
Geboren am 24. November 1967 in Passau, verheiratet, drei Kinder.
Medizinstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und der Tulane University New Orleans.
Approbation 1997, Promotion 2003.
1995 bis 1996 Arzt im Praktikum, Institut für Chirurgische Forschung, LMU.
1997 bis 2008 Assistenzarzt, Chirurgische Klinik und Poliklinik Innenstadt, LMU.
Seit 2010 Facharzt für Chirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau und
seit 2011 Oberarzt, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau.
Zusatzbezeichnung Notfallmedizin.
Berufspolitik
Mitglied des Marburger Bund (MB) Kreisvorstand München (von 11/2005 bis 12/2009)
Mitglied der Kleinen Tarifkommission des Bundesverbandes MB (seit 05/2007)
Mitglied des Landesvorstandes Bayern MB (seit 07/2007) und
Mitglied des MB Kreisvorstand Garmisch-Partenkirchen (seit 07/2012) und
1. Vorsitzender des MB Landesverband Bayern (seit 07/2016)
2. Vorsitzender des MB Bundesverbandes (seit 11/2007)
Delegierter zur Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) und Vorstand der BLÄK (seit 2008)
Generalsekretär der European Junior Doctors Permanent Working Group (EJD), (Von 06/2009 bis 11/2011)
Vorsitzender der Kleinen Tarifkommission des MB Bundesverbandes (Seit 11/2009)
Stellvertretender Vorsitzender des MB Landesverband Bayern (von 06/2010 bis 07/2016)
Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Garmisch-Partenkirchen (seit 2016)
1. Vizepräsident der BLÄK (seit 03.02/2018)
Weitere Mandate und Mitgliedschaften
Mitglied des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Ärzteversorgung (04/2018)
Mitglied im Beirat der Bayerischen Akademie für ärztliche Fortbildung
Delegierter der BLÄK zum Verband Freier Berufe in Bayern e. V. ‒‒‒ Bundesärztekammer
Vorsitzender der Deutschen Akademie der Gebietsärzte
Miglied des Ausschusses „Stationäre Versorgung“
Mitglied der Ständigen Konferenzen „Ärztliche Weiterbildung“ und „Ärztliche Fortbildung“
Mitglied der Arbeitsgruppe „Personalvorgaben für Ärzte im Krankenhaus II“
Dr. med. Bernhard Junge-Hülsing
2. Vizepräsident
Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Starnberg
Person
Geboren am 22.09.1964 in Münster, vier Kinder
Studium der Humanmedizin an den Universitäten Freiburg, Wien und München mit Studienaufenthalten in Kapstadt, London und Montpellier.
Approbation 1994, Promotion 1995.
Von 1992 bis 1993 Arzt im Praktikum, Universitätsklinik für Neurochirurgie im Klinikum Großhadern in München.
Von 1993 bis 1994 molekularbiologische Weiterbildung am Zentrum für molekulare Neurobiologie am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg.
Von 1994 bis 2000 Weiterbildung zum Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde an der HNO-Klinik Ulm und Erwerb der Zusatzbezeichnung Stimm- und Sprachstörungen.
Seit Januar 2000 Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.
Seit Juli 2000 Niederlassung in Starnberg, 2004 Gründung einer HNO-Gemeinschaftspraxis.
Berufspolitik
Von 2008 bis 2012 stv. Landesvorsitzender des Bayerischen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V.
Landesvorsitzender des Bayerischen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. (seit 2012)
Mitglied in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), (seit 2016)
Delegierter zur Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), (seit 2017)
Vizepräsident der BLÄK (seit 10/2021)
Weitere Mandate und Mitgliedschaften
Mitglied im Beirat der Bayerischen Akademie für ärztliche Fortbildung (seit 12/2021)
Mitglied des Arbeitskreises zur Qualitätssicherung des Neugeborenen-Hörscreenings in Bayern am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Schatzmeister und Mitglied im Vorstand der ALLIANZ Fachärztlicher Berufsverbände (AFB)
Versorgungsarzt / Ärztlicher Koordinator zur Bewältigung der Corona-Pandemie für den Landkreis Starnberg
Mitglied im Landesvorstand des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA)
Vorsitzender des Kreisvorstandes Starnberg des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA)
‒‒‒ Bundesärztekammer
Mitglied der Deutschen Akademie für Gebietsärzte (seit 12/2021)
Mitglied der Ständigen Konferenz „Gutachterkommissionen / Schlichtungsstelle“ sowie der
Ständigen Konferenz „Qualitätssicherung“ (seit 12/2021)
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Vorrangige Aufgabe einer zukunftsorientierten Gesundheitspolitik muss die langfristige Sicherstellung einer hochwertigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung sein. Dies erfordert eine Analyse des zukünftigen Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten, medizinischem Assistenzpersonal und Infrastruktur unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, des medizinischen Fortschritts und der sich verändernden Arbeitsbedingungen. Konkret bedeutet dies für den ärztlichen Bereich:
• Zügige Umsetzung des Masterplans 2020, Schaffung von mehr Medizinstudienplätzen, zügige Implementierung der konsentierten neuen GOÄ.
• Zügige Anpassung der Bedarfsplanung im stationären und im ambulanten Bereich.
• Förderung der Freiberuflichkeit durch Stärkung der medizinischen Profession gegenüber der Ökonomie und Förderung der Selbstständigkeit und der Niederlassung durch Reduktion von bürokratischen und finanziellen Hürden.
• Weiterführung von Maßnahmen zur Sicherstellung der primärärztlichen Versorgung, speziell in der Fläche.
• Sinnvolle Steuerung der Patientenversorgung zum Beispiel auch durch angemessene Selbstbeteiligungen.
• Konsequente Einbindung und Nutzung der Fachkompetenz von ärztlichen Verbänden, insbesondere von Ärztekammern.
Dr. med. Otto Beifuss
Geboren 1958
Facharzt für Allgemeinmedizin
Ebensfeld
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
1. Bedarfsplanung in „Mangelversorgungsregionen“, wie beispielsweise Nordbayern (ausgenommen sind Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern), abschaffen und eine „freie Niederlassung für freie Ärzte“ ermöglichen.
2. Honorarzuschläge (zum Beispiel pauschal ein Plus von zehn Prozent) für Kolleginnen und Kollegen, die sich in „Mangelregionen“ niedergelassen haben, fix für die Dauer von zehn Jahren einführen.
3. Gewinnmaximierungsorgie der Krankenhäuser beenden und eine am medizinischen Bedarf orientierte Versorgung anstreben. Die Zahl der Eingriffe, wie Herzkatheter, Hüft- und Knie-Totalendoprothesen, Vorhof-Occluder uvm. am tatsächlichen Bedarf orientieren, das heißt auf europäisches Niveau bzw. Niveau der skandinavischen Länder realisieren.
4. Die medizinische Versorgung ist Teil der allgemeinen Daseinsvorsorge und damit eine öffentliche Aufgabe mit öffentlicher, transparenter Kontrolle. Sie taugt nicht zur ökonomischen „Cash-Cow“.
5. Für „Faire Preise für faire Medikamente“ sorgen, das heißt keine „Fantasiepreise“ für Scheininnovationen und sonstige nutzlose Umsatzbringer.
6. Leitungen von Krankenhäusern und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen pflichtgemäß durch Ärzte und Geschäftsführer gleichberechtigt besetzen sowie miteinander dem Wohl der Patienten – nach ethischen und moralischen (christlichen) Grundsätzen verpflichtet – handeln
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Wir leben gerade in der umfassendsten und einer bisher unvorstellbaren Pandemie, deshalb hat bei all den vielschichtigen Aufgaben des Bundesgesundheitsministerium für mich COVID-19 höchste Priorität . Als langjähriger Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen werde ich unverzüglich die seit Jahren diskutierten und geplanten strategischen Maßnahmen im Rahmen der ambulanten, stationären Versorgung und des Öffentlichen Gesundheitsdiensts umsetzen und eine fächer- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit aller Gesundheits-und Pflegeberufe einführen. Auf der Basis meiner positiven Erlebnisse in der ersten Welle der Pandemie als bayerischer Versorgungsarzt intensiviere und vereinheitliche ich die Kommunikations-, Entscheidungs- und Handlungsstrukuren und stelle unsere erfolgreiche Coronastrategie im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft europaweit zur Diskussion. Auch muss unsere gesundheitswirtschaftliche Ausrichtung neu justiert und inländisch konzentriert werden. Dabei ist mir aus meinen Erfahrungen im Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreis durchaus bewusst, dass politische Entscheidungen im parlamentarischen Konsens erarbeitet werden müssen. Grundsätzlich bin ich stolz auf unser erfolgreiches Gesundheitswesen und werde es patientenzentriet mit allen Akteuren weiterentwicken.
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Ich würde versuchen, mit meinen Kolleginnen und Kollegen ein „Bündnis“ zu schmieden. Die Politik weiß sehr wohl um ihre Aufgaben und Verantwortung bei der Ausgestaltung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung. Bei den folgenden Punkten erwartet sich die Politik die aktive Gestaltung der Ärzteschaft. Ich würde mich im Gegenzug dafür einsetzen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den erforderlichen Wandel zu schaffen:
• Welche eigenen Beiträge kann die Ärzteschaft leisten, um den Notstand in der Pflege und den anderen medizinischen Assistenzberufen aufzuheben? Um gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung zu erreichen, bedarf es weit mehr als über mehr Geld neue Stellen zu schaffen und Einkommen zu erhöhen. Wichtig ist auch der Umgang zwischen den Berufsgruppen.
• Die Notfallversorgung bietet sich geradezu an, um die Grenze zwischen den Sektoren „Klinik und Praxis“ zu überwinden. Jenseits der Finanzierungsfrage erwartet die Politik gemeinsames Handeln und umsetzbare Vorschläge. Auch wenn dabei eine gemeinsam entwickelte Neudefinition des Sicherstellungsauftrages für die Notfallversorgung herauskäme.
• Trotz aller schon erreichten Fortschritte würde ich die Ärzteschaft motivieren, weiter in die Verbesserung der Weiterbildung junger Ärztinnen und Ärzte zu investieren. Nur die Ärzteschaft selbst wird einen Kulturwandel beim Thema Weiterbildung herbeiführen.
Prof. Dr. med. Dr. h.c. (Dniepropetrovsk) Joachim Grifka
Geboren 1958
Facharzt für Orthopädie
Bad Abbach
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Mit der Wiedervereinigung sank die Zahl der Humanmedizin-Studierenden auf 13.607 (2017). 1994 trat das Arbeitszeitgesetz in Kraft mit strikten Regelungen der maximalen Tagesarbeitszeit und des Arbeitsverbotes nach Nachtdiensten. Durch die NC-Vorgaben für die Zulassung zum Studium erlebten wir eine Feminisierung (Gender-Shift). Außerdem hat ein sozialgesellschaftlicher Wandel des Entwurfes der Lebensplanung stattgefunden. Jüngere wählen wesentlich häufiger Teilzeit- und Anstellungsmodelle. Angesichts des fehlenden Nachwuchses, der demografischen Entwicklung einer alternden Bevölkerung, des verständlichen persönlichen Lebensentwurfes Jüngerer sowie der steigenden Erwartung der Bevölkerung an eine ärztliche Versorgung auf hohem Niveau, bräuchten wir wahrscheinlich 60 Prozent mehr Ärzte, als ausscheiden. Dieses absehbare, politisch induzierte Dilemma ist nicht durch einen Verteilungskampf zu lösen. Eine massive Aufstockung der Studienplätze ist dringend nötig. Dazu bedarf es zusätzlicher Ressourcen für die medizinischen Fakultäten und Universitätskliniken. Aber selbst, wenn dies morgen beschlossen würde, würde es wiederum 20 Jahre dauern, bis wir einen vernünftigen Stand der Ärztezahlen erreichen. Die größer werdende Lücke ist nicht durch Abwerbung ausländischer Ärzte zu schließen – ganz abgesehen davon, dass diese wiederum ihrerseits Versorgungsdefizite in ihrem Herkunftsland verursachen. Eine Milderung des Arztdefizites ist nur möglich, indem man zusätzlich Ältere in Praxis und Klinik bittet, ihre Tätigkeit über die Altersgrenze fortzuführen.
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Als erste Amtshandlung würde ich das Bundesgesundheitsministerium von Berlin nach München verlegen, weil ich es dann erstens nicht so weit in die Arbeit hätte und zweitens weiterhin die schöne oberbayerische Landschaft mit Bergen und Seen genießen könnte. Zudem würde ich mir einen vorurteilsfreien, von Partikular- und Parteiinteressen ungetrübten Blick auf das Geschehen in unserem Gesundheitswesen gönnen und überlegen, wie man die Position der Leistungsträger im System – Ärzte, Therapeuten, Pfleger – effektiv stärken kann. Dabei wäre ich auch bereit, mich mit den Großkonzernen anzulegen, die sich in der Form von Klinikketten und medizinischen Versorgungszentren immer mehr in der Gesundheitsversorgung ausbreiten. Der zunehmenden Kommerzialisierung in dem an sich solidarischen System, die letzten Endes vor allem zu Lasten der Patienten geht, muss Einhalt geboten werden. Und wenn das nicht der Bundesgesundheitsminister leisten könnte – wer dann?
Dr. med. Heidemarie Lux
Geboren 1951
Fachärztin für Innere Medizin
Fürth
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Nachdem wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben, wäre es mir als erstes wichtig, dies der Bevölkerung klarzumachen. Er gibt in jedem noch so guten System immer Verbesserungspotenzial, jedoch sollte erst einmal klargestellt und gewürdigt werden, was wir derzeit haben. Des Weiteren würde ich die rigide Deckelung aufheben. Dies hätte zur Folge, dass auch am Ende des Quartals/des Jahres den Patienten alle Leistungen zur Verfügung stehen. Um die Zukunftsfähigkeit des Systems sicherzustellen, würde ich den Krankenkassen auferlegen, mehr finanzielle Mittel für die individuelle Prävention zur Verfügung zu stellen und nicht im Wesentlichen nur für die Therapie bereits vorhandener Erkrankungen.
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Unter demütiger Hintanstellung eigener Ambitionen, mich in die Liste vergangener Großtaten einiger meiner Amtsvorgängerinnen/-vorgänger einzutragen, würde ich, dem allgemeinen politischen Usus folgend, zunächst einen hochkarätig besetzten Arbeitskreis installieren. Dieser sollte in brutalst möglicher Schonungslosigkeit den Ist-Zustand des Gesundheitswesens feststellen. Erst dann wird man unter höchster Transparenz in Regionalkonferenzen Ziele und Machbarkeit intensiv diskutieren können. (Hier sollte die hochnotwendige Digitalisierung der Gesellschaft den erforderlich breiten Raum einnehmen können.) Wegen der immensen Zukunftsträchtigkeit kann natürlich auf das Ende der Legislaturperiode keinerlei Rücksicht genommen werden. Oder aber: Ich könnte sofort Gesundheitspolitik für die Menschen machen, nicht für Konzerne und Aktionäre – zunächst den Mangel an Ärzten beheben, die Zuwendung an die Patienten stärken, vor dem heraufziehenden Gewölk von Digitalisierung, Telemedizin und Künstlicher Intelligenz. Das wird schwer werden! Vielleicht finde ich Gleichgesinnte?
Dr. med. Gert Rogenhofer
Geboren 1945
Facharzt für Allgemeinmedizin
Regensburg
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Als erstes würde ich die notwendigen Lehren und die richtigen Konsequenzen aus der Jahrhundert-Pandemie ziehen.
Absoluter Vorrang muss der Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen und den staatlichen Behörden eingeräumt werden. Die Kommunikations- und Entscheidungswege haben sich als zu schwerfällig und geprägt von Eigenbrötlerei erwiesen. Hier offenbart sich eine Schwachstelle des an sich bewährten föderalistischen Systems. In der Krise bedarf es aber der entschlossenen Führung durch den Bund.
Ebenso wichtig ist die teilweise Rückverlagerung der Arznei- und Hilfsmittelproduktion aus Indien und China zurück nach Deutschland bzw. Europa. Eigene Produktionsstätten sind aufzubauen, bereits vorhandene zu fördern bzw. reaktivieren. Das erfordert eine Abkehr vom absoluten Primat des Preises. Im Sinne der notwendigen Autarkie und der Qualität (!) ist u. U. auch eine Verteuerung in Kauf zu nehmen.
Für diese Ziele sind Bündnisse mit den politischen Parteien und allen Akteuren des Gesundheitswesens zu organisieren, um dann die dringend notwendigen Gesetze bzw. Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen – auf nationaler und europäischer Ebene.
Weitere große Probleme sind anzupacken:
• Erhöhung der Studienplätze bei den med. Fakultäten. Wir sind sehenden Auges in den Ärztemangel geraten.
• Zurückdrängen der Kapitalgesellschaften in Klinik, Praxis und MVZ. Gesundheitsfürsorge ist kein Tummelplatz für monetäre Gewinnmaximierung.
• Abschaffung der DRG’s: Hier werden falsche Anreize gesetzt.
• Stärkung der „Ethik in der Medizin“ in Lehre und Forschung. Akute Probleme z. B. der Triage und des assistierten Suizids sind breit zu diskutieren und in Handlungsempfehlungen umzusetzen.
Dr. med. Melanie Rubenbauer-Beyerlein
Geboren 1977
Fachärztin für Diagnostische Radiologie
Bayreuth
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Ich würde zunächst und vor allem anderen trotz Ressortüberschreitung – etwas gegen die steigende Gewalt gegen Ärzte, Sanitäter, Pfleger und Rettungsdienst im Notdienst unternehmen. Wir können nicht zusehen, wie Menschen, die anderen helfen wollen, sich hierdurch zunehmend selbst in Gefahr bringen. Die einheitliche Notrufnummer muss landesweit zeitnah installiert werden, um eine prähospitale Lenkung der Patienten zur richtigen Behandlungsform zu gewährleisten und unnötige Belastungen, sowohl des assenärztlichen Bereitschaftsdienstes, der Notaufnahmen und des Rettungsdienstes zu vermeiden. Patientensteuerung bedeutet auch, unter Beachtung des Datenschutzes, die Digitalisierung der Patientendaten in Verbindung mit einer umfassenden Vernetzung der Daten zwischen Hausarzt, Facharzt und Kliniken zu forcieren. Auch eine digitale Vernetzung mit dem Rettungsdienst muss angepackt werden. Telemedizinische Betreuungs- und Behandlungsmöglichkeiten müssen evaluiert und bei Erfolgsevidenz zeitnah umgesetzt werden. Entweder es müssen mehr Gelder in das Gesundheitssystem investiert werden oder der Leistungsumfang kann auf Dauer nicht erhalten werden – und das muss ehrlich mit allen Beteiligten diskutiert werden. Systematische Veränderungen sind erforderlich.
Dr. med. Wolfgang Schaaf
Geboren 1952
Facharzt für Anästhesiologie
Straubing
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Ich bin z.B. schon mal nicht Mitglied in einer Partei, noch nicht mal eines Verbandes. Allerdings liegen mir Themen am Herzen, die durchaus ins Resort Gesundheitspolitik fallen:
• Patientenautonomie, ( z.B. Patientenverfügung, oder auch die Themen hinter den Paragraphen § 217 und §219),
• Vorsorgeplanung im Alter ( z.B. Advance Care Planning),
• gerechte Verteilung von Ressourcen (z.B. Organtransplantation, Arzneimittelpreise neuer Pharmaka etc.).
• Fürsorge (z.B. Palliativversorgung),
• Nichtschadensprinzip (z.B. Qualitätsindikatoren, Patientensicherheit),
• Gewinnung von Nachwuchs und dessen Qualifizierung (z.B. Weiterbildung),
sowie
• Anpassung der bestehenden Arbeitswelt an die Lebensziele nachfolgender (Ärzte) Generationen.
Bei all diesen Themen gibt es in verschiedenen Gesellschaftsschichten zum Teil weit auseinander liegende Standpunkte, da prallen bisweilen auch Weltanschauungen unvereinbar aufeinander, es gibt unterschiedliche Ansprüche und divergierende Interessen. All das bedarf des Ausgleiches, glaubhafter Unabhängigkeit und der Suche nach breitem Konsens. Um den zu erreichen – und hier schlüpfe ich jetzt doch kurz in die Rolle des Bundesgesundheitsministers – würde ich mich noch stärker wissenschaftlicher Evidenz und unabhängigen ärztlichen Sachverstandes bedienen.
Jetzt wieder in der Rolle des Vorstandsmitgliedes der BLÄK: Ich suche den Austausch mit möglichst vielen Mitgliedern und betreibe dazu schon länger die Seite www.aerzteforum-bayern.
Dr. med. Pedro Schmelz
Geboren 1951
Facharzt für Augenheilkunde
Bad Kissingen
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Erstens gehören die Servicestellen für Facharzttermine abgeschafft. In Bayern liegt die Zahl der über diese Servicestelle vermittelten Termine im Vergleich zu den jährlich rund 80 Millionen Behandlungsfällen im Promillebereich. Außerdem konnten alle Terminanfragen problemlos von niedergelassenen Ärzten übernommen werden. Dies zeigt, dass die Zusammenarbeit von Haus und Fachärzten auch ohne Terminservicestellen bestens funktioniert. Zweitens würde ich die Industrie beim Thema „Telematikinfrastruktur“ endlich in die Pflicht nehmen. Nach wie vor liefern die Anbieter die erforderlichen Komponenten weder fristgerecht noch zu Preisen, die den Förderbeträgen entsprechen. Doch nicht die Ärzteschaft darf für dieses Marktversagen bestraft werden, sondern die Hersteller müssen für dieses Dilemma zur Verantwortung gezogen werden! Last but not least, muss endlich die Budgetierung im ambulanten Bereich beendet werden. Schon seit Jahren wird das GKV-Honorar durch die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung gedeckelt – mit der Konsequenz, dass nicht alle erbrachten Leistungen vollständig vergütet werden. Eine Tätigkeit in der Praxis muss jedoch kalkulierbar bleiben, damit die medizinische Versorgung in Deutschland auf dem bekanntlich sehr guten Niveau aufrechterhalten werden kann.
Dr. med. Hans-Erich Singer
Geboren 1959
Facharzt für Allgemeinmedizin
Mitteleschenbach
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Das dringlichste Problem stellt meines Erachtens die humane Ressource Arzt dar. Trotz steigender Zahl an Ärzten sinkt die Menge der pro Arzt geleisteten Arbeitsstunden, bei gleichzeitig ungebremster Inanspruchnahme durch die Versicherten. Eine pauschale Erhöhung der Sprechstundenzeiten zu fordern, greift zu kurz. Damit diese Schere nicht weiter aufgeht, muss einerseits dafür gesorgt werden, dass mehr Ärzte in der Versorgung ankommen. Dazu gehört eine Steigerung der Medizinstudienplätze in Deutschland. Allein durch deren Verknappung seit der deutschen Wiedervereinigung ist bereits eine Versorgungslücke entstanden. Auf Seiten der Inanspruchnahme ärztlicher Dienstleistungen muss die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung gesteigert werden. Hier besteht nachweislich ein Defizit. Die Menschen müssen wieder den Unterschied zwischen Krankheit und Befindlichkeitsstörung erlernen. Hierzu gab es bereits Vorschläge wie Gesundheitsunterricht in den Schulen, die unbedingt wieder aufgegriffen werden sollten.
Was würden Sie sofort anpacken, wären Sie Bundesgesundheitsminister?
Das Gesundheitswesen als wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge muss den Bedürfnissen der Bevölkerung dienen und nicht denen, der dort tätigen Akteure: » Wir erleben, dass marktwirtschaftliche Steuerungsinstrumente im Gesundheitswesen über Fehlanreize zu Über- und Unterversorgung bestimmter Patientengruppen führen. Das kennen wir seit Längerem aus dem ambulanten Sektor und seit Einführung der DRGSystematik zunehmend auch aus den Krankenhäusern – mit negativen Folgen für die Patientinnen und Patienten. Deshalb muss die Politik in diesen Bereichen, genau wie in den Bereichen Justiz oder Bildung, ihre Verantwortung wahrnehmen und eine überregionale Bedarfsplanung, ausgerichtet an Ergebnissen einer unabhängigen Versorgungsforschung – auch gegen Widerstände – durchsetzen.
• Da es keine Therapie ohne Nebenwirkungen gibt, muss konservativen Maßnahmen und insbesondere der sprechenden Medizin mehr Raum gegeben werden – Fehlanreize zur Mengenausweitung operativer und interventioneller Prozeduren müssen beseitigt werden.
• Die Öffnung des Gesundheitswesens für private Investoren führt zum Abfluss gesellschaftlicher Ressourcen aus dem Solidarsystem und ist zu beschränken. Das gilt analog für die Pharmaindustrie, die eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung hat. Gewinnmaximierung zu Lasten der Patienten oder der Allgemeinheit ist unethisch.